Berufliche Selbstständigkeit – Auch für dich geeignet?
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in den letzten Jahren in Deutschland pro Jahr um die 500.000 neue Gewerbeanmeldungen registriert. Im Jahr 2021, so die Statistik von de.stastia.com, gab es davon rund 350.000 Neuanmeldungen für einen Nebenerwerb. Solltest du also mit dem Gedanken spielen, aus einem Angestelltenverhältnis auszusteigen und den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit zu wagen, dann siehst du an den Zahlen, dass du nicht alleine damit bist. Es gibt viele andere Menschen, die jedes Jahr in die berufliche Selbstständigkeit starten.
Gründe für eine berufliche Selbstständigkeit
Die Gründe, warum sich viele von uns für eine berufliche Selbstständigkeit entscheiden, sind vielfältig. Für viele ist die zeitliche und mittlerweile auch örtliche Freiheit ein ausschlaggebendes Kriterium. Schließlich sind wir alle Menschen und damit Individuen. Was bedeutet, dass wir unterschiedliche Arbeitsstile, andere innere Uhren haben und/oder auch Vorstellungen, wie ein perfekter Arbeitstag aussehen sollte. In der beruflichen Selbstständigkeit kann man sich seinen Arbeitstag, seine Arbeitswoche oder sogar das gesamte Arbeitsjahr im Grunde frei einteilen. Je nach Branche und Tätigkeit ist alles vorstellbar. Und das ist ein sehr starkes Argument für viele, die ein Arbeitsverhältnis heutzutage an den Nagel hängen.
Bei anderen Menschen wiederum spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle. Das können z. B. unter Umständen kürzere Arbeitswege sein, ein höherer Verdienst, mehr Prestige, mehr Entscheidungsfreiheit und Verantwortung oder auch bestimmte Visionen, die wir nur als Selbstständige meistern können.
Und dann gibt es noch die Gruppe von uns, die nur wenig Wahlmöglichkeit hat. Sei es ein bestimmter Beruf, der sich nur lohnt, wenn man ihn als Selbstständige:r ausübt, oder bestimmte Familienverhältnisse, die uns dazu bewegen, in die Selbstständigkeit zu gehen. In manchen Fällen ist eine Anstellung einfach keine Option.
Sollte es in deinem Fall so sein, dass du dich im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung für einen Beruf oder Branche entscheidest, die überwiegend als Selbstständige:r auszuüben ist, dann lasse dich nicht davon abschrecken. In solchen Fällen rate ich meinen Klienten immer, sich auf das positive Endergebnis bzw. die Arbeitsinhalte zu konzentrieren und sich Zeit zu lassen, um in die Selbstständigkeit reinzuwachsen und ggf. mit einem Nebengewerbe zu starten.
Selbstständigkeit im Nebenerwerb
Wie wir an den Zahlen sehen, ist mehr als die Hälfte der Gewerbeanmeldungen in einem Kalenderjahr auf Betriebsstätten im Nebenerwerb registriert. Zugegeben, manche melden ein Gewerbe an, machen den einen oder anderen Auftrag und lassen es dann wieder sein. Warum nicht? Einen Versuch ist es allemal wert.
Die meisten entscheiden sich allerdings ganz bewusst und ernsthaft für den Start in die Selbstständigkeit über einen Nebenerwerb. Und dies ist in 2 möglichen Varianten denkbar.
Variante 1: Du behältst deine Vollzeitanstellung
Wenn du dich für eine anfängliche berufliche Selbstständigkeit im Nebenerwerb entscheidest und eine Vollzeitstelle beibehältst, dann wirst du wahrscheinlich den Fokus auf die Wochenenden und Urlaubszeiten legen, um dein neues Business anlaufen zu lassen. Definitiv eine Doppelbelastung, das ist ganz klar. Aber je nachdem, wie sehr du gefordert bist in deinem Angestelltenverhältnis, oder wie sehr sich dein neuer beruflicher Weg nach Arbeit anfühlt, ist dies über einen gewissen Zeitraum durchaus „aushaltbar“. Dennoch solltest du aber auf ausreichend Pausen und Erholungszeiten achten. Schließlich willst du ja nicht im Burn-out landen, noch bevor der Laden am Laufen ist, oder? Auf der anderen Seite hast du bei dieser Variante auch gleich die Möglichkeit, deine neue Chefposition zu üben und Aufgaben zu delegieren. Entgegengesetzt der Annahme, dass man als Selbstständige:r „selbst und ständig“ tätig ist, kannst du hier von Anfang an die Weichen richtig stellen und dir Assistenten oder Spezialisten an Bord holen, die dich bei den Anfangsaufgaben unterstützen, beraten oder direkt gesamte Aufträge von dir übernehmen. Nur weil du dein eigener Chef bist, heißt das nicht, dass du alles alleine machen musst.
Variante 2: Du reduzierst auf Teilzeit
Eine sehr häufig gewählte Variante bei dem Start in die berufliche Selbstständigkeit ist, die Reduzierung der Arbeitsstunden im Angestelltenverhältnis. Somit hat man die Möglichkeit, sich eine bestimmte Zeit für seine Selbstständigkeit freizuschaufeln, ohne dass das Privat- und Familienleben darunter leidet oder man sich einer dauerhaften Doppelbelastung ausliefert. Aber auch hier gilt der Grundsatz: Du musst nicht alles alleine machen. Hole dir Hilfe an Bord, lerne von Anfang an, dich gut zu organisieren, nutze deine Zeit effektiv und gib gerne Aufgaben ab. Denn insbesondere am Anfang einer Selbstständigkeit, je nachdem, welches Businessmodell einem vorschwebt, ist stets einiges zu tun, bis es rund läuft.
Übrigens, solltest du dich in Bezug auf eine berufliche Selbstständigkeit mit Finanzierungsfragen auseinandersetzen müssen, dann hole dir Unterstützung bei den örtlichen IHK-Stellen oder Gründerzentren ein. Es gibt viele kostenfreie Beratungsstellen und unterschiedliche Förderprogramme, die sowohl Startkapital zur Verfügung stellen als auch Weiterbildungsangebote, so wie beispielsweise ein Coaching, fördern. Grundsätzlich ist eine berufliche Selbstständigkeit eine unternehmerische Tätigkeit und damit mit Investitionen verbunden. Aber eben auch mit Chancen, die man im Angestelltenverhältnis nur selten erhält.
Und für alle von uns, die sich mit der Frage des Scheiterns, also den negativen Folgen einer beruflichen Selbstständigkeit auseinandersetzen, habe ich einen kleinen Motivationssatz zum Ende dieses Artikels: „Erfolgreich ist der:die, der:die siebenmal scheitert und es trotzdem ein achtes Mal versucht.“