Resilienz ist die innere Widerstandsfähigkeit gegen Stress und Krisen. Diese Fähigkeit, oft auch als Charaktereigenschaft angesehen, ist mindestens so alt wie die Menschheit selbst. Schon zu Urzeiten mussten unsere Vorfahren Gefahren begegnen, mit ihnen umgehen können, um damit ihr Überleben zu sichern. Zwar müssen wir in unserer heutigen Zeit keine Säbelzahntiger mehr bändigen oder gefährliche Jagdabenteuer auf uns nehmen, um uns selbst und die Familie zu versorgen und zu beschützen, dafür haben wir aber mit anderen Herausforderungen im Leben zu kämpfen.
Wozu braucht man heutzutage Resilienz?
Die Herausforderungen der heutigen Zeit zielen im Gegensatz zu früher mehr auf unsere mentalen Fähigkeiten als auf unsere körperlichen. In unserer westlichen Welt, in der das Überleben und die Grundbedürfnisse in den meisten Ländern durch staatliche Systeme größtenteils gesichert sind, sind es viel mehr die individuellen und beruflichen Faktoren, die uns Menschen vor große Herausforderungen stellen. Stress kommt immer dann auf, wenn wir nicht in der Lage sind, mit einer bestimmten Situation umzugehen. Je mehr Stressoren in unserem Alltag vorhanden sind, umso resilienter müssen wir sein, um Glücksgefühle und Zufriedenheit zu spüren. Burn-out und Depressionen sind keine Science-Fiction Begriffe, sondern ernsthafte Krankheiten, die in allen Berufsgruppen und Gesellschaftsschichten auftreten.
Resilienz brauchen wir heutzutage, um u. a. folgenden Herausforderungen und Krisen gesund zu begegnen:
- Im Privatleben: Trennung, Scheidung, Auszug der Kinder, Selbstfindung, Umzug, etc.
- Im Berufsleben: Verlust des Arbeitsplatzes, beruflicher Neustart, Mobbing am Arbeitsplatz, Diskriminierung, Leistungsdruck, Multitasking, hohe Verantwortung, etc.
- Gesundheitliche Problematik und deren Folgen, wie Arbeitsunfähigkeit, schwere Krankheitsverläufe von Familienangehörigen, Pflegebedürftigkeit, Abhängigkeiten, etc.
- Gesellschaftsübergreifende und globale Krisen, wie die kürzlich erlebte Pandemie, Kriege, Ängste im Zusammenhang mit dem Klimawandel, etc.
Vereinfacht kann man sagen, dass Resilienz immer dann besonders benötigt wird, wenn eine Veränderung im Leben ansteht, die uns aus dem Gleichgewicht bzw. unserer Komfortzone wirft. Dazu zählen auch traumatische Erfahrungen und ganz alltägliche Dinge, wie Familienproblematiken oder Stress am Arbeitsplatz.
Resilienz hilft den Menschen, das, was im Außen passiert, im Inneren so zu behandeln, dass es keine oder nur kleine Auswirkungen auf das innere Wohlbefinden hat. Denn egal, was im Außen passiert, die Erde dreht sich weiter und damit geht auch das Leben weiter. Eben nur anders als zuvor. Den inneren, emotionalen bzw. mentalen Umgang mit solchen Veränderungen muss man unter Umständen dann erst einmal wieder lernen.
In einem früheren Artikel habe ich zur Veranschaulichung der Resilienz ein kurzes Beispiel von zwei Personen im Umgang mit der vor Kurzem erlebten Pandemie beschrieben. Lese gerne hier weiter, wenn du erfahren möchtest, wie unterschiedlich Menschen mit Krisen umgehen.
Resilienzforschung startet in den 1950ern
Den Auftakt in der Resilienzforschung gab Professor Block in den 50er-Jahren. Der auf Persönlichkeitsentwicklung spezialisierte Psychologie-Professor untersuchte damals in Langzeitstudien das Verhalten von Kleinkindern.
Anfang der 1970er-Jahre wurden die Ergebnisse einer Langzeitstudie von Emily Werner und Ruth Smith veröffentlicht. Auf der hawaiianischen Insel Kauai arbeiteten sie 40 Jahre lang mit 600 Kindern, um festzustellen, wie sich ungünstige Lebensbedingungen und Risikofaktoren in der Kindheit auf das spätere Erwachsenenleben auswirken. Ihr Ende der 70er-Jahre publiziertes Buch mit den Ergebnissen der Studie stieß auf großes Interesse in der Forschung und es folgten weitere Studien und wissenschaftliche Untersuchungen.
In Deutschland wird seit 2014 mit der Gründung des Deutschen Resilienz Zentrums an der Universität Mainz verstärkt an Resilienz geforscht.
5 Fakten über Resilienz aus der Forschung
Mittlerweile gibt es verschiedene Ansätze in der Resilienzforschung, die sich nicht nur auf den psychologischen Bereich beschränken. Resilienz ist auch in Neurowissenschaften, der Medizin und den Sozialwissenschaften zu finden.
Diese fünf Fakten über Resilienz sind besonders wichtig und interessant.
1. Resilienz kann trainiert werden.
Resilienz ist keine angeborene, sondern eine erlernte Fähigkeit. Wissenschaftliche Studien rund um das Thema Resilienz fanden heraus, dass man immer und in jedem Alter seine Resilienz stärken und ausbauen kann. Demnach hat jeder Mensch immer und zu jeder Zeit in seinem Leben die Möglichkeit, neu zu erlernen, wie er mit Stressoren und Krisen besser umgehen kann. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass er ggf. gleichzeitig verlernen muss, was er in der frühen Kindheit im Umgang mit stressigen Situationen als „normales“ Verhalten gelernt hat.
2. Resilienz wird am stärksten in der Kindheit entwickelt.
Nicht nur Resilienz, sondern die meisten unserer Fähigkeiten erlernen wir in den ersten Lebensjahren. Den größten Entwicklungssprung als Menschen erleben wir in den ersten 3 Jahren unseres Lebens. Alles, was ein Kind bis 7 Jahre gelernt bzw. wahrgenommen hat, speichert es in seinem Inneren als normal ein. Wie oben bereits aufgeführt, wurde die Fähigkeit Resilienz in der wissenschaftlichen Forschung in Studien mit Kleinkindern entdeckt. Resilienz wird zwar vorrangig und auch wahrscheinlich am stärksten in der Kindheit geprägt, aber wie bereits erwähnt: Sie ist eine erlernte Fähigkeit und kann somit auch in den späteren Jahren weitertrainiert werden.
3. Gesunde Beziehung spielen eine enorme Rolle bei der Entwicklung von Resilienz.
Wie ein Schwamm saugen wir Menschen in unserer Kindheit neues Wissen und Fähigkeiten auf. Ebenso stark orientieren wir uns an den Erwachsenen in unserem Umfeld. Wissenschaftliche Studien schreiben gesunden Beziehungen in der Kindheit einen hohen Stellenwert bei der Entwicklung von Resilienz zu. Zwischenmenschliche Beziehungen bilden Kinder allerdings nicht ausschließlich mit den Eltern. Dazu zählen alle erwachsenen Personen, die ein Kind in seiner Kindheit als Vertrauensperson wählt. Das können auch weitere Familienmitglieder, Lehrer, Pädagogen und andere Bezugspersonen sein.
Auch als Erwachsene und auch in anderen Bereichen wird zwischenmenschlichen Beziehungen ein hohes Maß an Bedeutsamkeit zugemessen. Erfahre mehr darüber in meinem Artikel, in dem ich das PERMA-Modell beschreibe.
4. Resilienzforschung ist ein Teilbereich der Positiven Psychologie.
Wer immer noch denkt, dass Positive Psychologie nur reinen Hokuspokus darstellt und hauptsächlich positives Denken untersucht, der irrt sich. Resilienz ist ein anerkannter Wissenschaftsbereich, der mittlerweile fachübergreifend auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen studiert wird. Resilienz ist in die Salutogenese eingebettet. Salutogenese beschäftigt sich mit der Gesundheit, also dem positiven Pendant zu Krankheit. Hierbei geht es darum, gesund zu werden und gesund zu bleiben. Die menschliche Gesundheit wird nicht als Zustand, sondern als ein Prozess angesehen.
5. Resilienz ist eine innere Abwehrkraft im Umgang mit Krisen und Stress.
Resilienz ist die menschliche Fähigkeit, gesund mit Krisen und alltäglichen Herausforderungen des Lebens umgehen zu können. Stressige Situationen sind immer und überall zu finden. Was aber ein Mensch als Stress einordnet und in welchem Maße er diesen als belastend einordnet, ist allerdings individuell. Was für den einen eine lebensbedrohende Katastrophe darstellt, kann für den anderen lediglich ein Problem sein, für das er eine Lösung finden muss. Resilienz ist eine unabdingliche Fähigkeit in unserer heutigen Zeit. Menschen mit einem hohen Grad an Resilienz sind widerständiger gegenüber Krisen, weniger anfällig für Krankheiten und im Allgemeinen ausgeglichener und erfüllter.
Wenn du mehr über Resilienz erfahren möchtest, dann lies hier weiter. In diesem Artikel gehe ich auf die 6 Kernkompetenzen ein, die zusammen die Charaktereigenschaft Resilienz definieren.