Welche Fallstricke gibt es beim beruflichen Neustart?
In einem früheren Artikel sind wir darauf eingegangen, wann eine berufliche Neu- oder Umorientierung sinnvoll ist. Oft ist eine anhaltende Unzufriedenheit mit bestimmten Faktoren, wie dem Aufgabenbereich, der Branche, dem Arbeitsweg, dem Verdienst oder einer bereits eingetretenen gesundheitlichen Problematik, ausschlaggebend dafür, dass wir uns mit unserer beruflichen Situation auseinandersetzen und nach Alternativen suchen. Ausführlichere Informationen findest du hier.
Die Suche nach einem neuen Beruf und/oder Aufgabengebiet kann sich lange hinziehen. Genauso wie die Entscheidungsfindung. Denn schließlich ist nicht jeder Tag im Büro gleich anstrengend. Oft erleben wir, trotz einer überwiegenden beruflichen Unzufriedenheit, auch gute Tage. An manchen Tagen ist die Arbeit, die wir verrichten, gar nicht so nervenraubend oder wir haben einen Erfolg, mit dem wir nicht gerechnet haben, und der erste Gedanke, der dann in uns aufsteigt, geht in etwa so: „Ach so schlimm ist das doch gar nicht. Eigentlich macht mir meine Arbeit Spaß, eigentlich ist der Kollege gar nicht so anstrengend und eigentlich passt doch alles.“ Die Frage ist dann: Wie stark gewichtet ist das Wort „eigentlich“ und wie häufig erleben wir diese guten Tage am Arbeitsplatz?
Grundsätzlich sollten wir bei einer beruflichen Neu- und Umorientierung bzw. einem beruflichen Neuanfang die folgenden Herausforderungen nicht unterschätzen.
1. Die Entscheidungsfindung braucht ihre Zeit
Manchmal wissen wir schon von Anfang an, dass der Job oder Beruf, den wir auswählen bzw. ausüben, nicht zu uns und unseren Fähigkeiten passt, und dennoch entscheiden wir uns für diese Tätigkeit – oft aus ganz rationellen Gründen. Mögliche Gründe könnten Image und Status des Berufs sein, die Verdienstmöglichkeiten oder fehlende Alternativen.
Und da spreche ich aus Erfahrung. Obwohl ich nämlich nach dem Abitur bereits ahnte, dass Maschinenbau nicht der perfekte Studiengang für mich sein wird, habe ich es trotzdem studiert. Zu diesem Zeitpunkt fehlte mir eine Alternative. Ich wusste schlichtweg nicht, was ich sonst studieren sollte. Und mit solch einer getroffenen Entscheidung bin ich nicht alleine. Viele von uns landen aus unterschiedlichsten Gründen in den falschen Berufen bzw. unpassenden Arbeitsstellen. Umso wichtiger ist es, sich beim nächsten Anlauf intensiver mit sich selbst und seinen eigenen Stärken und Visionen im Leben zu beschäftigen. Und das kann schon eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Deswegen ist es durchaus ratsam, sich bei der Entscheidungsfindung Zeit zu lassen. Es ist sinnvoll, Berufsbilder und Arbeitsstellen genauer zu recherchieren, Unternehmensphilosophien mit dem eigenen Wertesystem abzugleichen und sich mit seinen eigenen Stärken auseinanderzusetzen.
2. Persönliche Stärken und Schwächen analysieren
Sich mit den eigenen Stärken und auch Schwächen auseinanderzusetzen, ist oft einfacher gesagt als getan. Ein gutes Beispiel, um dieses Dilemma zu veranschaulichen, sind Vorstellungsgespräche. Auf Vorstellungsgespräche bereiten wir uns vor, nicht wahr? Wir informieren uns über das Unternehmen, über die Position, unseren zukünftigen Aufgabenbereich, und wir informieren uns auch über Taktiken in Vorstellungsgesprächen. Wir wissen, dass die Fragen „Was zeichnet Sie besonders aus?“ oder „Warum sollten wir Sie einstellen?“ auf Stärken hinauslaufen und sehr gerne von Personalverantwortlichen gestellt werden. Natürlich ist eine mögliche Antwort: „Ich bin ein Organisationstalent.“ Aber sind wir das wirklich? Wenn ja, dann ist alles gut und wir bekommen vielleicht die richtige Position bei dem passenden Unternehmen und sind mit unserer beruflichen Wahl zufrieden. Wenn das aber nicht stimmt, dann laufen wir geradewegs in die Gefahr, erneut auf einem Arbeitsplatz zu landen, der nicht wirklich zu uns passt. Und in einigen Jahren finden wir uns in bereits bekannten Situationen wieder.
Deshalb ist hier Ehrlichkeit zu sich selbst gefragt. Was macht dir tatsächlich Spaß? Welche Tätigkeiten gehen dir leicht von der Hand? Und auch das Gegenteil: Welche Arbeiten möchtest du nicht mehr verüben und warum?
3. Ein beruflicher Neustart ist eine Veränderung
Wenn wir dann endlich die zuvor genannten Herausforderungen gemeistert haben und uns für einen neuen Arbeitgeber, Arbeitsplatz oder sogar Beruf entschieden haben, dann geht es ans Eingemachte und in die Umsetzung. Sollte es zu einer Umschulung oder Neustudium kommen, müssen ggf. Finanzierungsmöglichkeiten abgesteckt werden, vielleicht müssen wir den Wohnort wechseln oder auch unsere bisherigen Arbeitszeiten ändern sich. Das schreckt uns übrigens nicht selten von einer beruflichen Umorientierung ab. Denn schließlich bedeutet das, die Komfortzone, in der wir es uns – oft schon viele Jahre lang – gemütlich gemacht haben, zu verlassen und in unbekannte Gewässer zu segeln. Wir können auf Unsicherheiten treffen, ggf. sogar unsere Entscheidung infrage stellen. In einigen Fällen kann eine Veränderung Stress hervorrufen. Die Frage ist dann, welchen Stress nehmen wir lieber in Kauf? Den Stress des Alten und Bekannten oder den anfänglichen Stress des Unbekannten und Neuen?
Solltest du dich selbst gerade in einer solchen Phase wiederfinden, dann empfehle ich dir, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern dich daran zu erinnern, warum du mit der Veränderung und beruflichen Neuorientierung begonnen hast, und welche Chancen vor dir liegen.
Übrigens, wenn du mehr über mich und meinen beruflichen Werdegang erfahren möchtest und auch vor welchen Herausforderungen ich stand, bis ich meinen Traumberuf gefunden habe, dann höre gerne in den Podcast meiner Kollegin Isa Hiemann rein. Sie ist Coachin und Mentorin für Beruf und Karriere und hat mich für ihren Podcast „Glücklich im Job“ interviewt.