Tafel mit Glaubenssatz mit der Aufschrift "möglich"

Glaubenssätze & innere Blockaden

„Ich bin zu alt, um mich beruflich zu verändern, oder?“

„Tim, ja, du hast schon recht. Mein Job macht mir nicht unbedingt die größte Freude. Und ja, ich könnte mir definitiv Besseres vorstellen, was ich mit meiner Zeit anstellen würde. Aber jetzt noch eine berufliche Veränderung? In meinem Alter?“ Solche und ähnliche Aussagen höre ich von meinen Klient:innen immer wieder mal. Und ja, letztendlich muss jede:r immer für sich selbst entscheiden, was und wie er:sie leben und arbeiten will.

 

Die Frage, die sich mir dann aber stets stellt, ist: Entsprechen solche Aussagen tatsächlich der Realität oder sind es nur Glaubenssätze, die wir tief in uns tragen und nach denen wir unbewusst unsere Entscheidungen treffen? Denn diese eben genannte Aussage stammte z. B. von einer Klientin, die 42 war, seit 18 Jahren im selben Beruf arbeitete, mit dem sie nur mäßig, bis gar nicht zufrieden war und noch weitere 23 Jahre im Arbeitsleben vor sich hatte. Wie schätzt du das ein?

 

Erfahre in diesem Artikel mehr über berufliche Neuorientierung und damit verbundene Glaubenssätze. Schätze dich danach auch gerne selbst ein. Sind die Gedanken, die du zu einer beruflichen Neuorientierung hast, echte reale Tatsachen oder Glaubenssätze, die dich und deine Wahrnehmung unbewusst beeinflussen?

Glaubenssätze - was ist das?

Vereinfacht erklärt sind Glaubenssätze, wie der Name schon sagt, Sätze, Aussagen und Gedankenmodelle, die wir glauben und an denen wir uns in unserem Leben orientieren. Viele Glaubenssätze erlernen wir in der Kindheit. Das sind dann oft Sätze, die wir in bestimmten Situationen hören, für uns als Feedback abspeichern und uns damit identifizieren. Das kann möglicherweise die Konsequenz haben, dass diese Außenwahrnehmung oder Momentaufnahme uns ein Leben lang in einem Irrglauben über uns selbst und unsere Fähigkeiten begleitet und daran hindert, den Beruf und das Leben zu leben, das uns tatsächlich erfüllt.

 

Hier ein Beispiel:

„Peter ist 12 und besucht die 6. Klasse eines Gymnasiums. Der Übergang von der vorherigen Schule fällt ihm nicht immer leicht. In den meisten Fächern ist er recht gut. Nur mit Englisch hapert es ein wenig. Er hat aus welchen Gründen auch immer den Anschluss verloren und tut sich nun schwer, Vokabeln zu paukten, aufzuholen, was er versäumt hat, und mitzukommen. Hinzu kommt, dass er mit jeder Ex oder Schulaufgabe, die er vermasselt, tiefer in eine Abneigung dem Schulfach gegenüber fällt und beginnt, eine Prüfungsangst zu entwickeln. Sein Selbstvertrauen schwindet und er zweifelt an sich, auch wenn er die Antworten auf die Fragen weiß. Das Schuljahr läuft nicht gut für ihn, sodass er letztendlich das Schuljahr vermasselt, die Schule wechselt und einen Realschulabschluss macht. Als Aufmunterung hört er immer wieder, dass er sich nichts daraus machen solle, er sei kein Sprachgenie, Fremdsprachen und vor allem Englisch liegen ihm halt nicht. Das macht für Peter als 12-jährigen durchaus Sinn in diesem Moment und er akzeptiert diese Aussage.

Jahre später: Peter hat sich beruflich super entwickelt. Er hat sich und seine Fähigkeiten im technischen Bereich eingeordnet und ist seit einigen Jahren im Management eines erfolgreichen KMUs als Abteilungsleiter beschäftigt. Meistens mag er seinen Job und doch wünscht er sich eine Veränderung. Er sucht nach neuen Herausforderungen, als er eine Stellenanzeige für seinen absoluten Traumjob findet. Doch schnell kommt die Ernüchterung: Intern wird Englisch gesprochen. Peter legt die Stellenanzeige beiseite und stellt für sich fest, dass das wohl doch nichts für ihn sei. In Englisch war ja noch nie gut. Obwohl er mittlerweile ein Spezialist auf seinem Fachgebiet ist, seine Fremdsprachenkenntnisse definitiv ausreichend für diese Position wären (denn Peter musste und hatte mehrere Englischkurse absolviert, um sein Defizit aus der Schulzeit auszugleichen) und er auch sonst alle Qualifikationen mitbringt, schließt er diese Chance aus. Ein Glaubenssatz, den er als 12-Jähriger verinnerlicht hat, blockiert innerlich seinen beruflichen Werdegang. Und das auch noch 20 Jahre später.“

 

So in etwa kann man sich Glaubenssätze im privaten und beruflichen Umfeld vorstellen. Dinge, die wir über uns hören, insbesondere in jungen Jahren, können auch viele Jahre später eine große unbewusste Macht über uns haben und uns innerlich für einen bestimmten beruflichen (und unter Umständen auch privaten) Weg blockieren.

5 Glaubenssätze, die einen beruflichen Neustart häufig negativ beeinflussen

Glaubenssätze können uns helfen, in bestimmten Phasen unseres Lebens mit bestimmten Situationen umzugehen. Wie im vorherigen Beispiel von Peter hat der Glaubenssatz, dass er nicht sprachbegabt sei, ihm als 12-Jährigen geholfen, mit den damals schulischen Schwierigkeiten umzugehen. Jahre später hat aber genau der gleiche Glaubenssatz ihn daran gehindert, sich um seinen Traumjob zu bewerben. Glaubenssätze finden wir in allen Kulturen, Ländern und Familien. Das können Redewendungen sein, die wir täglich verwenden, geschlechterspezifische Aussagen oder auch einfach nur Dahingesagtes, was wir verinnerlichen und als „für immer gültig“ betrachten. Im Erwachsenenalter und insbesondere, wenn wir uns in einem Job wiederfinden, der irgendwie nicht zu einem passt und nicht erfüllt, liegt es an einem selbst, mögliche Glaubenssätze zu lokalisieren und von Zeit zu Zeit zu hinterfragen.

Einer beruflichen (Neu-) Orientierung können u. a. folgende Glaubenssätze im Weg stehen:

  1. Ich bin zu alt für einen neuen Beruf
    Wir wachsen in dem Glauben auf, dass wir in jungen Jahren bereits wissen müssen und sollen, was uns gefällt, was uns erfüllt und was gut für uns ist. Die Realität ist allerdings anders. Nicht selten erlernen wir irgendeinen Beruf oder studieren irgendwas, um zu studieren oder um überhaupt einen Job zu haben. Des Weiteren reifen wir, entwickeln uns täglich weiter und es ist durchaus normal, dass man ggf. irgendwann feststellt: „Upps, das, was ich hier mache, mag ich eigentlich nicht oder nicht mehr. “ Grundsätzlich ist es nie zu spät, etwas Neues zu lernen und einen beruflichen Neustart zu wagen. Wenn dich dein Alter möglicherweise daran hindert, ein erfülltes berufliches Leben zu haben, dann rate ich dir, es rationell zu betrachten und dich selbst zu fragen: „Wie viele Jahre muss ich noch arbeiten und mit welcher Arbeit möchte ich diese Jahre meines Lebens verbringen?“
  1. Wenn ich jetzt etwas anderes anfange, dann war mein Studium umsonst
    Wie bereits erwähnt, kommt es häufig vor, dass wir etwas studieren, um einfach zu studieren und irgendeinen Beruf zu haben. Dadurch schlagen wir einen bestimmten fachlichen Weg ein und dann sind wir auf einmal BWLer:in, Techniker:in oder Mediziner:in. Was aber, wenn es doch nicht passt? Das, was man im Studium lernt, ist vorrangig die Fähigkeit, sich selbst Wissen anzueignen. Das geht nicht verloren, wenn man sich auf einmal entscheidet, beruflich etwas anderes zu machen als geplant. All das Wissen, das wir in anderen Berufen und Fachrichtungen gelernt haben, ist nach wie vor in uns drin, wir verdienen nur dann unseren Lebensunterhalt nicht damit. Und um dem Ganzen noch ein bisschen mehr Würze zu geben: Wenn du bereits erfolgreich ein Studium in einem Fachbereich absolviert hast, der dir eigentlich nicht liegt, wie schätzt du dann deine Erfolgsaussichten, wenn du etwas machst, das dich wirklich interessiert und erfüllt?
  1. Als Künstler:in verdient man kein Geld
    Der Klassiker unter den Glaubenssätzen – und ich muss sagen: JA und NEIN. Das Problem im künstlerischen Bereich ist, dass es nur eine kleine Mittelschicht gibt. D.h., es gibt Künstler:innen, die super erfolgreich sind (auch Michael Jackson war nur ein Mensch!) und Künstler:innen, bei denen der große Erfolg nicht eintritt, auch wenn sie sich noch so bemühen. Und dann gibt es die, die ihr künstlerisches Talent in Verbindung mit anderen Tätigkeiten ausleben können und durchaus gut davon leben. Die Frage, die sich hier eher stellt, ist: „Welche zusätzlichen Qualifikationen brauchst du, um dein künstlerisches Talent in einen Berufsalltag einfließen lassen zu können?“
  1. Ich erfülle nicht alle Anforderungen der Stellenbeschreibung, darauf kann ich mich also nicht bewerben
    In 99 % der Fälle erfüllt kein:e Kandidat:in alle Anforderungen einer Stellenausschreibung. Die Fragen hier sind eher: Welche der Anforderungen sind essentiell für die Tätigkeit, welche können schnell aufgeholt/nachgeholt werden und wie machst du den Verantwortlichen klar, dass du das, was sie möchten, doch machen kannst? Personalentscheidungen werden zu einem hohen Prozentsatz, wie übrigens die meisten Entscheidungen, auf der emotionalen Ebene getroffen. Ein:e Kandidat:in muss nicht nur fachlich gut sein, sie:er sollte auch gut zum Team und dem Unternehmen passen. Was ein Grund für einige Unternehmen ist, über anfängliche fachliche Defizite hinwegzusehen, wenn sie ein Potenzial erkennen und es persönlich klickt. Sollten deine aktuellen Fähigkeiten sehr weit entfernt von deinem Traumjob liegen, dann frage dich gerne: „Was muss ich tun, um die notwendigen Anforderungen zu erfüllen?“ Solange du vom Glaubenssatz Nr. 1 oder 2 nicht blockiert bist, sollte es keine großen Schwierigkeiten geben, sich beruflich neu zu orientieren.
  1. Ich kann es mir finanziell nicht leisten, mich jetzt beruflich umzuorientieren
    Die Finanzen sind eine typische innere Blockade bei beruflicher Neuorientierung und einen Realitätsabgleich allemal wert. Denn ja, manchmal kann es wirklich sein, dass eine berufliche Neuorientierung aufgrund von finanziellen Hindernissen nicht umsetzbar ist (oder zumindest nicht im Moment). Hier lohnt es sich tatsächlich, Zahlen aufzuschreiben, um sicherzugehen, dass es kein Glaubenssatz ist, der eine berufliche Erfüllung blockiert. Was kostet dich die Umschulung/Umorientierung? Welche staatlichen Förderungen können genutzt werden? Wie hoch ist das Defizit, das dir dadurch entsteht? Ist das dauerhaft oder nur vorübergehend? Welche Einkommensaussichten hast du in deinem neuen Job? Gibt es Personen in deinem Freundes- und Familienkreis, die dich in der Phase der Neuorientierung entlasten können? Wie könnte dein Leben in 5 Jahren aussehen, wenn du jetzt in einen beruflichen Neustart investierst?

Wenn du mehr über Glaubenssätze erfahren möchtest, woher sie kommen und welche Folgen sie haben, dann lies gerne in diesem Artikel weiter: „Persönlichkeitsentwicklung im Job – So kannst du Blockaden durch Coaching lösen“

Du kannst mir auch jederzeit schreiben oder auch hier kommentieren. Treffen einige der Glaubenssätze auf dich zu? Oder konntest du ganz andere bei dir feststellen? Teile deine Ansichten gerne mit mir.

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